Der Streit um das „Wie“

Wenn die Felder im Spätsommer abgeerntet sind, beginnt bereits die Vorbereitung auf die nächste Aussaat. Die geschieht zunächst durch eine flache Bodenbearbeitung, das Stoppeln, um das beim Drusch verloren gegangene Ausfallgetreide/Bruchkorn und etwaige Unkrautsämereien zum Keimen zu bringen. So konkurrieren diese später nicht als Durchwuchs mit der folgenden Ackerfrucht und müssen dort mit Pflanzenschutzmaßnahmen bekämpft werden. Von vielen Landwirten wird beim Stoppeln schon immer ein Saum zum Knick unbearbeitet gelassen, um die Knickpflege anschließend auf festem Untergrund durchführen zu können. Weitere wichtige Arbeiten in dieser Zeit sind Reparaturarbeiten an den Drainagen, die zur Entwässerung von staunassen Flächen vor hundert und mehr Jahren angelegt wurden und dauerhaft instandgehalten werden müssen.

Über Jahrzehnte gehörte zu den ersten Arbeitsgängen nach der Ernte auch das Knickputzen. Dabei werden die vom Knick ins Feld hineingewachsenen Bäume und Sträucher mit einem seitlich am Trecker angebauten Gerät bis zu einer Höhe von 4 Metern zurückgeschnitten. Im Anschluss werden die abgeschnittenen Äste vom Feld geräumt und dieses kann dann wieder bis an die gesetzlich vorgeschriebenen 50cm Abstand zum Knickfuß maschinell bearbeitet werden. Dadurch wird nicht nur die Technik vor herausragenden Ästen geschützt, sondern auch ein höherer Ertrag auf diesem freigeschnittenen Ackerstreifen ermöglicht.

Die Praxis in der Schleswig-Holsteinischen Landwirtschaft sah bis zum Jahr 2021 überwiegend so aus, dass man auf den Feldern mit Getreide und Raps den Knick nach der Ernte im Juli/August bis auf die erlaubten 100cm Mindestabstand vom Knickfuß zurück putzen ließ. Auf den Feldern mit Hackfrüchten, wie Mais und Zuckerrüben geschah das nicht, weil die Befahrbarkeit der Böden nach deren Ernte im Oktober/ November oft schwierig ist und die Folgefrucht Winterweizen umgehend bestellt werden muss. Seit die Landesregierung im Jahr 2021 aufgrund der Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes das Landesnaturschutzgesetz in SH dahingehend verschärft hat, dass der Rückschnitt der Bäume und Sträucher bis auf 1m vom Knickfuß (siehe Graphik) nur alle drei Jahre und dann auch nur ab dem 30. September möglich ist, rumort es in der Landwirtschaft. Der Bauernverband kämpft jetzt um eine Rücknahme dieser Verschärfung. Als Argumente dafür werden genannt:

–        Bei 55.000m Knick in Schleswig-Holstein führt die Regelungen des Landesnaturschutzgesetzes jährlich zur Ertragsminderung auf mehreren 1000 ha Ackerfläche. Dies ist ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust für die Betriebe.

–        Die Einhaltung des Landesnaturschutzgesetzes von 2021 ist nicht praktikabel und verursacht Mehrkosten auf den Betrieben, da sie nur noch im Spätherbst/Winter das Knickputzen durchführen dürfen. Bei dann vorherrschenden Witterungsbedingungen geht dies zu Lasten des Bodens und der Maschinen.

–        Durch den Klimawandel mit sehr milden und regenreichen Herbst- und Wintermonaten bleibt oft nur ein sehr kleines Zeitfenster für die Knickpflege. Wenn dafür dann auch noch auf bereits bestellten Wintersaaten gefahren werden muss, werden der Boden und die Frucht geschädigt.

–        Das Argument, man könne das seitliche Einkürzen wie den Pflegeschnitt bei Hecken (nur der jährliche Zuwachs wird abgeschnitten), wie jeder private Heckenbesitzer auch vor dem 30. September durchführen, zeigt das geringe Wissen über die Praxis. Aufgrund der Fruchtfolge kann auf manchen Betrieben nicht jedes Jahr auf allen Äckern vor dem 30. September der Knick geputzt werden. Weiterhin ist es unwirtschaftlich, den Knickputzer jedes Jahr dafür zu bezahlen, dass er nur den jährlichen Zuwachs zurückschneidet.

Die Änderung im Landesnaturschutzgesetz Schleswig-Holsteins hat ihren Ursprung im Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur (MEKUN) und wird insbesondere von NGOs, wie BUND und NABU vehement verteidigt. Als Argumente dafür werden genannt:

–        Auch wenn die Brutzeit im Juli/August zum größten Teil beendet ist, nehmen die Populationen von Haselmaus, Vögeln und Insekten durch einen Rückschnitt des Knicks vor dem 30. September Schaden, da ihnen Nahrung und Lebensraum genommen werden.

–        Insbesondere die zurückgehende Zahl von Insekten schadet der Vogelwelt, der die Insekten als Nahrungsgrundlage dienen.

Die unterschiedlichen Argumente lassen sich durch Fakten und wissenschaftliche Erkenntnisse belegen. Daher kommt es wie eigentlich immer darauf an, dass die Akteure einander zuhören und zu einer für beide Seiten tragbaren Lösung finden!

Das waldarme Schleswig-Holstein besitzt mit seinen kilometerlangen Knicks, die laut §21 Abs.1 des LNatSchG als gesetzlich geschützte Biotope gelten, für die Kulturlandschaft und den Naturschutz herausragend wertvolle Strukturen, die es zu bewahren gilt. Darüber herrscht in allen gesellschaftlichen Gruppen Einigkeit. Lediglich über das „Wie“ gibt es unterschiedliche Ansichten.

Vielleicht hilft es da, sich auf die Ursprünge des Knicks und dessen Geschichte zu besinnen? Knicks sind von Landwirten vor 200 Jahren auf ihrem Grund und Boden mit der Hand geschaufelte und mit heimischen Sträuchern und Bäumen bepflanzte Erdwälle, die zunächst zur Abgrenzung des Eigentums dienten. Seit 200 Jahren werden diese Knicks von ihren Eigentümern, mehrheitlich Landwirte, erhalten und gepflegt. Heute sind sich alle der Bedeutung dieser einmaligen Landschaftselemente als Lebensraum für Tiere und Pflanzen bewusst! Wenn die Knicks dann auch noch vor dem Aussterben gefährdete Arten, wie die Haselmaus oder den Stieglitz, beherbergen, hat Artenschutz Vorrang! Dies wird durch das Bundesnaturschutzgesetz geregelt und Zuwiderhandlungen stellen eine Ordnungswidrigkeit dar. Artenschutz stellt heute niemand, auch die Landwirte nicht, infrage. Und natürlich darf aus einem Knick durch unsachgemäße Pflege keine Hecke werden! Trotzdem stellt die derzeitige Regelung durch das Landesnaturschutzgesetz die Landwirte bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen vor Probleme, die nicht so einfach beiseite gewischt werden sollten! Nicht in jedem Schleswig-Holsteinischen Knick leben geschützte Arten und nicht jeder Landwirt hat bei der Knickpflege nur seine wirtschaftlichen Interessen im Blick!

Wir würden uns wünschen, dass von den Verantwortlichen in der Politik und den Vertretern der Landwirte um eine Lösung gerungen wird, die sowohl dem Arten-, Natur- und Umweltschutz als auch den berechtigten Belangen der Landwirte Rechnung trägt!

 

 

Links: www.BUND.de :„Was sind Knicks?“; www.lksh.de : „Knicks sind prägende Landschaftselemente“

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