Wir möchten mit unseren Beiträgen in diesem Blog für mehr gegenseitiges Verständnis zwischen Stadt und Land werben. Dazu muss man etwas über die Lebensweise des jeweils anderen wissen! Ein Aspekt ist das Miteinander der Menschen im Alltag.
„Mahlzeit!“ ist im Norden der Gruß zur Mittagszeit und wenn alle zu Tisch sitzen entspricht es einem „Guten Appetit!“. Mittagessen gibt es zu einer festen Zeit und jeder weiß, wann er am Tisch sitzen muss. Bis auf die Schulkinder, die mittlerweile in den Schulmensen essen oder für die zuhause etwas warmgehalten wird, finden sich alle auf dem Hof lebenden und/oder arbeitenden Personen mindestens zum Mittagessen, oft aber auch zum Frühstück und Abendessen zusammen. Zu ihnen gehören der Betriebsleiter und seine Frau, mitarbeitende Familienangehörige wie die Altenteiler, erwachsene Kinder und manchmal auch noch ein Onkel. Außerdem sind auch die Auszubildenden während ihrer Lehre zum Landwirt auf einem familiengeführten Bauernhof für die Zeit ihrer Ausbildung Teil der Familie und nehmen an den Mahlzeiten teil. Fremd-AK werden ebenfalls oft mitbekocht. So ist es keine Seltenheit, dass um Punkt 12:00 Uhr bis zu 10 Personen erwartungsvoll vor ihren Tellern sitzen. Das Kochen übernimmt in der Regel die Frau des Betriebsleiters. Sollte sie aktiv „draußen“ oder im Büro arbeiten oder außerhalb des Betriebes in Anstellung sein, ist es ein Segen, wenn die Altenteilerin den Kochlöffel in die Hand nimmt. Auf sehr großen Betrieben wird oft jemand als Unterstützung im Haushalt eingestellt. So unterliegt das Miteinander auf einem Bauernhof einer festen, durch gemeinsame Mahlzeiten festgelegten Routine. Bei Tisch werden natürlich betriebliche Belange besprochen und alle fühlen sich mit für das Gelingen des Tagesgeschäftes verantwortlich. Die „Alten“ sind bis in hohe Alter dabei und werden um Rat gefragt. Sie erfahren Wertschätzung und Respekt. Vereinsamung im Alter ist nahezu unmöglich und das ist gut so! Die Jungen hören zu und oft werden in lockerer Atmosphäre auch private „Probleme“ erörtert, die, wenn sie erstmal offen ausgesprochen wurden, gar keine mehr sind. Auf jeden Fall weiß in dieser Gemeinschaft jeder, wo sein Platz ist und sollte mal jemand ausfallen, wissen alle anderen, wie diese Lücke kurzfristig gefüllt werden kann, damit der „Laden“ weiterläuft. Ihnen allen gemeinsam ist der Einsatz für ein gemeinsames Projekt: den landwirtschaftlichen Betrieb!
Vielleicht hört sich das jetzt für manchen sehr idealisiert an und der Wunsch nach so einem Miteinander scheint überbewertet. Trotzdem entspricht der oben geschilderte Betrieb immer noch sehr häufig der Realität und selbst wenn auf den Höfen nicht mehr jede Mahlzeit gemeinsam eingenommen wird, so wird dem Wunsch nach mindestens einem gemeinsamen Essen täglich entsprochen.
Ein entsprechender Ablauf läßt sich für die Menschen in der Stadt schwer realisieren. Die Arbeitswelten und -zeiten der einzelnen Familienmitglieder unterscheiden sich, die Großeltern wohnen örtlich getrennt, es gibt Hobbys, die an verschiedenen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten wahrgenommen werden. All dies zu koordinieren, um gemeinsam eine Mahlzeit einzunehmen, erfordert organisatorischen Aufwand und den Willen aller Beteiligten. Jeder für sich hat ja schließlich sein eigenes Projekt…
Aber oft wäre es für die Projekte gut, wenn Oma/Opa oder der/die Auszubildende auch noch ihren Senf dazugegeben könnten. Geschadet hat so etwas selten.
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