Dies alte Berliner Sprichwort wird angewendet, wenn man einen Hochstapler, Angeber oder Blender beschreibt. Also auch jemand, der Geld dafür ausgibt, um den schönen Schein zu wahren, ohne die wirklichen Ursachen anzugehen.
Der Berliner Alt-Bürgermeister Klaus Wowereit hatte vor 20 Jahren seine Stadt als „arm aber sexy“ bezeichnet. Ein positives Framing für eine Stadt die hip, die cool ist, aber große Probleme hat. Eine Stadt die schneller wächst als die entsprechende Infrastruktur hinterherkommt und die Verwaltung es händeln kann.
Grade im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung über die Senatswahlen in Berlin fallen einem diese beiden Sprüche wieder ein. Berlin musste die Wahl aus dem September 2021 wiederholen, da es zu Unregelmäßigkeiten am Wahltag gekommen war. Fehlende oder falsche Stimmzettel, Wahllokale, die auch nach 18 Uhr noch Wählerinnen und Wähler zuließen oder andere grundlos abwiesen. Vorkommnisse, die die OSZE weltweit immer wieder erleben, aber in der deutschen Hauptstadt nicht erwartet hatten. Erklärt wurden diese Vorkommnisse u.a. mit dem am selben Tag stattfindenden Berlin Marathon.
Als weiteren Grund für die Pannen wurde in der Berichterstattung 2021 oft von einer hohen Anzahl von Wahlhelfern, die sich kurzfristig abgemeldet hatten oder einfach nicht erschienen waren, gesprochen. Hatte man die Wahlhelfer im Sommer 2021 doch mit einer vorgezogenen Coronaimpfung gelockt. Wir erinnern uns, damals wurde noch strickt nach Prioritäten geimpft und somit kam man als registrierter Wahlhelfer schneller an den ersehnten Picks. Medizinisch absolut sinnvoll, dass Menschen, die den ganzen Tag im Wahllokal sitzen auch geimpft sind, zum Schutz für sich und andere. Menschlich schwierig, wenn viele nach erhaltender Impfung dann doch nicht bei der Wahl helfen.
Um bei der Wiederholungswahl hier kein Risiko einzugehen, hat Berlin das Erfrischungsgeld für die Wahlhelfer ausnahmsweise auf 240 € erhöht. Bei 42.000 Wahlhelfern summiert sich das. Fällt aber bei dem desolaten Berliner Haushalt auch nicht mehr ins Gewicht und ist bestimmt nicht Berlins größtes Problem. Die Wahl hat zumindest funktioniert, wenn man mal von knapp 500 Wahlbriefen absieht, die von der Post zu spät zugestellt wurden.
Positiv ist, dass bei dieser Wahl den Ergebnissen mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde als dem Ablauf. Wohin das ganze führt, ist noch offen… man darf gespannt sein.
Aber ist die Erkenntnis, dass man alle Probleme scheinbar nur mit Geld lösen kann, egal woher es kommt, auch die richtige?
Stellen wir uns die Situation mal in unserem Dorf vor. Ich bin Wahlhelfer und gehe nicht hin… Spätestens um 7.55 Uhr habe ich mindestens drei Anrufe („Wo blievst Du?“) und um 8.02 steht der Wahlvorstand persönlich vor der Tür, um mich abzuholen. Und das hat auch nichts mit den 30 € Erfrischungsgeld zu tun. Die werden, je nach Tradition entweder gespendet oder gemeinsam im Krug gelassen. Um abschließend nochmal Klaus Wowereit zu zitieren: „Und das ist auch gut so!“
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