Erhalten was uns verbindet!

Dieser Blog wurde von uns vor eineinhalb Jahren begonnen, um das Verständnis der ländlichen und der urbanen Bevölkerung füreinander zu stärken. Nun, acht Monate nach Kriegsbeginn in Europa, möchten wir dieses Anliegen um das Werben um Solidarität in unserer Gesellschaft erweitern.

In regionalen Zeitungen aber auch deutschlandweiten Magazinen mehren sich die Reportagen über die Existenznot von Familienbetrieben des Lebensmittelhandwerkes und der Gastronomie. Während in der Landwirtschaft davon gesprochen wird, dass die Erzeugerpreise nun endlich dem Wert des jeweiligen Produktes entsprächen, führen eben diese höheren Preise in Verbindung mit extrem steigenden Energiekosten zu existenziellen Problemen in der nächsten Verarbeitungsstufe. Bäckereien, Metzgereien, Restaurants und sicher auch der Imbiss oder Dönerladen um die Ecke ächzen unter den gestiegenen Produktionskosten. Die Zeitungsartikel befassen sich derzeit vorrangig mit der Not von traditionsreichen Unternehmen. Wenn eine Bäckerei schließt, die der eigene Ururgroßvater gegründet hat, oder das Restaurant, welches über Generationen den Ort und dessen gesellschaftliches Leben bestimmt hat, wirkt das besonders emotional. Dies ist übrigens ein Vorgang, den wir aus der Landwirtschaft in den letzten Jahren nur zu gut kennen: Höfe, die über Jahrzehnte von dem Vater auf den Sohn übergingen, stellen die Produktion ein.

Die Zahl der Landwirtschaftliche Betriebe und Bauernhöfe in Deutschland sank von 904.700 im Jahr 1975 immerhin auf 256.900 im Jahr 2021. (Quelle statisda.de)

Ähnlich sieht es im Lebensmittelhandwerk aus: Im Jahr 2021 gab es in Deutschland 9.965 Bäckerei- und Konditoreibetriebe. 2011 waren es noch über 30.000. Unter Bäckereibetrieben versteht man die in das Verzeichnis der Handwerkskammer (Handwerksrolle) eingetragenen produzierenden Meisterbetriebe. (Quelle www.handelsdaten.de) Neben den Bäckereien bilden die Fleischereien die größte Gruppe der Handwerksbetriebe im Ernährungshandwerk.

Zum Ernährungshandwerk (gleichbedeutend mit Lebensmittelhandwerk) gehören laut Definition neben den Bäckern die Konditoren, Fleischer, Müller, Brauer und Mälzer sowie die Weinküfer.

Wie in der Landwirtschaft, so hat auch im Lebensmittelhandwerk über die letzten Jahrzehnte ein Strukturwandel stattgefunden. Die Anzahl der kleineren Handwerksbetriebe ist zurückgegangen und die Produktion wurde in große Strukturen, die industrielle Fertigung, verlagert. Brötchen kann man heute „aus der Klappe“ beim Discounter oder sogar an der Tankstelle erwerben.

Einzig die Anzahl der Betriebe des Gastgewerbes hat sich im letzten Jahrzehnt mit Wirtschaftswachstum und steigendem Wohlstand erhöht. Dazu zählen Restaurants, Gaststätten, Imbissbuden, Cafés, Eissalons und Ähnliches. Deren Zahl stieg in Deutschland von 2013 mit 114.600 Betrieben bis 2019 auf 137.024 Betriebe. Im ersten Corona-Jahr 2020 sank die Zahl auf 128.492 Betriebe. (Quelle: BMEL-Statistik: Gastgewerbe) Aktuelle Zahlen liegen noch nicht vor, allerdings dürfte der Abwärtstrend durch die derzeitigen Krisen ungebrochen bleiben. Eine Fluktuation entsprechend der sich ändernden Vorlieben und Trends hat es in diesem Sektor immer gegeben. Einzig die Traditionsbetriebe, in denen man seine Familienfeste feiert und die, wie oben erwähnt, das gesellschaftliche Leben prägen, trotzten bisher noch vielerorts dem Mainstream.

Sie alle, der örtliche Bäcker, die vertraute Metzgerei mit ihrem praktischen Mittagstisch und das Restaurant, in dem Taufe, Konfirmation, Hochzeit und Trauerfeiern ihren angemessenen Rahmen finden, sind nun gefährdet. Mit ihnen, und das macht es so brisant, drohen Integrationspunkte unseres Gemeinwesens verloren zu gehen!

Dessen bewusst, werden wir eher auf Dinge verzichten, die uns weniger wichtig sind, als der gesellschaftliche Zusammenhalt mit den Orten, an denen er gelebt wird. Wie sähe eine Zukunft ohne den Bäcker, den Schlachter oder den Gastwirt aus, mit dem wir Erinnerungen an Erlebnisse in der Gemeinschaft verbinden? Für uns jedenfalls sind diese viel kostbarer als das neueste Paar Schuhe!

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