Wenn man im Ausland klassische Klischees über Deutsche hört, sind es in der Regel Pünktlichkeit, Ordnungssinn, Genauigkeit, Fleiß und ein gewisses Fehlen an Humor.

Aber wie steht es aktuell überhaupt noch damit? Und warum kommt mir diese Frage gerade in dem Moment, wo ich in der dritten verspäteten Bahn in Folge sitze? Erster Zug kaputt, zweiter Zug verpasst, dritter Zug steht vor gesperrtem Bahnhof… Und dass, obwohl ich wirklich sehr selten Bahn fahre. Warum wohl?

Durch BER, Elphi und ja, auch Deutsche Bahn, sinkt unser guter Ruf in der Welt. Und auch wir selbst glauben scheinbar nicht mehr an diese Tugenden. Hört man die Klagen der Arbeitgeber über Arbeitskräftemangel, ja Arbeitskräftemangel, längst nicht mehr Fachkräftemangel, wird schon lange bei möglichen Aspiranten für unterschiedlichste Tätigkeiten, ein eklatanter Mangel an genau diesen deutschen Tugenden beklagt.

Anders jedoch, wenn ich mit Arbeitgebern aus dem Umfeld der Agrarbranche spreche. Immer wieder hört man, dass Bewerber mit landwirtschaftlichem Background von Arbeitgebern mit Kusshand genommen werden, egal ob landwirtschaftliche Ausbildung, Studium oder auch „nur“ der Kindheit auf dem Hof. Ist es Arbeitgebern so auffällig, dass hier die Tugenden wie Verlässlichkeit, Einsatzbereitschaft, Fleiß und Leistungsfähigkeit noch gelebt und auch vorgelebt werden? Was natürlich nicht heißen soll, dass ich das nirgends anders finden, aber scheinbar ist den Arbeitgebern eine Häufung bei Menschen mit „Hoferfahrung“ aufgefallen.

Wie schön, finde ich! Und ein gutes Aushängeschild für die Branche.

Und der Ausbildungsberuf des Landwirtes bzw. der Landwirtin befindet sich nach einer langen Abnahme nun seit 2019 wieder im Aufwind mit zunehmenden Auszubildendenzahlen. Im Jahr 2021 lernten in Deutschland 33.207 junge Menschen diesen Beruf.

Und da der Zug immer noch nicht weitergefahren ist, wünsche ich mir ein paar mehr „Bauernhofkinder“ bei der Deutschen Bahn!