Das fatale Schweigen

In einem kleinen Schlachtbetrieb in Schleswig-Holstein haben Tierschützer durch heimlich angebrachte Videokameras tierschutzrelevante Verstöße bei der Schlachtung aufgedeckt. Verstörende Aufnahmen, die in erster Linie Entsetzen hervorrufen. Wieder einmal! Reflexartig wird nach den Verantwortlichen dafür gesucht, dass so etwas überhaupt möglich ist und nach Erklärungen, warum es erst heimlich installierter Videokameras bedurfte, um diesen Fall aufzudecken. Veterinärbehörde und Ministerium weisen sich gegenseitig Versäumnisse bei der vorgeschriebenen Kontrolle zu. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Selbstverständlich müssen die Zuständigkeiten klar geregelt sein, doch ist das wirklich das vorrangige Problem? Ich meine nein! Kein Tier wird heute in einem Schlachtbetrieb, egal wie groß er ist, von einer Person alleine geschlachtet. Es gibt jemanden, der das Tier anliefert, jemanden der es in Empfang nimmt, jemanden der es tötet und ein oder mehrere Personen, die es schlachten. Der Tötung ist die sogenannte Lebendbeschau durch einen Veterinär vorangestellt. Dieser hat zu attestieren, ob das zu schlachtende Großtier (z.B. Rind) oder die Gruppe zu schlachtender Kleintiere (z.B. Schwein) gesund ist und dem menschlichen Verzehr zugeführt werden darf. Wir sind in Deutschland, hier ist so etwas klar geregelt! Es sind also immer mindestens zwei Personen dabei, wenn ein Tier geschlachtet wird. Es muss Mitwisser gegeben haben! Alle haben geschwiegen! Einer von ihnen hat es dann aber doch irgendwann Tierschützern ermöglicht, die Videokameras zu installieren.

In diesem kollektiven Schweigen liegt das eigentliche Problem! Tierquälerei, und darum geht es hier, ist mit nichts zu rechtfertigen! Wer davon Kenntnis hat und vielleicht sogar Augenzeuge war, darf nicht schweigen! Keine heimlichen Videos, keine anonymen Anzeigen, mindestens die direkte Ansprache an die Verursacher sollte eine Selbstverständlichkeit sein! Sofort und unmittelbar, denn jeder Tag, an dem nichts passiert, kann für weitere Tiere entsetzliche Qualen bedeuten. Unentschuldbar!

Besonders erschreckend sind dann jedesmal die Stimmen, die behaupten, das hätten doch alle (!) gewußt! Wie ist das möglich? Wieso dieses kollektive Schweigen? Wovor hat man Angst? Bin ich ein Denunziant, wenn ich über derartige Verstöße rede? Ein Nestbeschmutzer? Ganz sicher nicht! Vielleicht wäre hier ein häufiger Hinweis auf die/den  Tierschutzbeauftragte/-n des Landes hilfreich?

Kommt ein solcher Fall ans Licht, werden immer auch Erklärungen gesucht. Oft werden wirtschaftliche Gründe des Tierbesitzers oder des Schlachtbetriebes angeführt. Man findet für alles eine Erklärung aber man kann nicht alles entschuldigen!

Die Gesellschaft fordert regionale Produkte aus regionaler Verarbeitung. Dazu gehört eine Schlachtung in der Nähe ohne stundenlange Tiertransporte in weit entfernte Großschlachtereien. Auch das ist Tierschutz! Unternehmen, die die dafür umfangreichen, rechtlichen Anforderungen erfüllen, gibt es immer weniger. Sie werden überall Wert geschätzt und gebraucht. Gerade deshalb müssen sie sich an die Regeln halten!

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