„Wir brauchen endlich weniger Bürokratie!“ „Wir brauchen schlankere Strukturen!“ „Wir verwalten uns zu Tode!“ „Wir können doch nicht alle in der Verwaltung arbeiten!“ „Es gibt bald mehr Kontrolleure als Betriebe!“
Diese Sätze kennen wir alle, haben wir alle schon gehört und auch selbst schon gesagt. Und unterschreiben können wir diese oder ähnliche Aussagen in der Regel auch. Wir wollen mehr Eigenverantwortung, wir wollen schlankere Abläufe, wir wollen auch nicht so viel Zeit am Schreibtisch verbringen, sondern da wo die wirkliche Arbeit anfällt, im Stall und auf dem Feld.
Leider müssen wir auch realistisch auf das Thema schauen. Es gibt sicherlich bürokratische Abläufe und Auflagen, die kritisch hinterfragt werden müssen. Aber der Gedanke, dass wir irgendwann frei von Dokumentationspflichten und Betriebskontrollen sein werden, ist so schön, wie unrealistisch.
Wir wissen auch, dass der Arbeitsmarkt angespannt, wenn nicht gar leergefegt ist. Das gilt auch für die Verwaltung. Und vor dem Hintergrund sehr angespannter Haushalte, ist ein weiterer Aufbau hier noch kritischer zu sehen.
Nun die Frage, wie kommen wir in diesem Spannungsfeld zusammen. Eine Antwort kann hier die Digitalisierung sein. Als Schritt in diese Richtung hat Schleswig-Holstein in diesem Jahr eine App „Profil SH“ auf den Weg gebracht. Hier können Landwirte Fotos ihrer Flächen hochladen, z. B., um die Kennarten nachzuweisen. Elementar bei dieser Variante ist aber, dass die Bilder sogenannte „geogetappt“ sind. D.h., dass die Fotos mit einem Orts- und Zeitstempel versehen sind. Damit man nicht ein Foto der Fläche des Nachbarn hochlädt… ein Schelm der böses denkt.
Dieser „geotap“ sorgt bei einigen für Bauchschmerzen bis hin zu Widerstand. Die Kritik in Richtung „big brother is watching you“ muss sicherlich ernst genommen werden und es ist elementar, dass mit sensiblen Daten auch so umgegangen wird. Aber warum vertrauen einige scheinbar der Administration im eigenen Land wenig, aber posten freiweg Fotos, Kontakte und Standorte auf Whats App und Co. Vom Lauschangriff von Alexa, Siri und Kolleginnen wollen wir gar nicht anfangen.
Und was ist die Alternative? Der Betriebsprüfer, der klassisch auf den Betrieb kommt und sich die Flächen ansieht. Und der theoretisch bei der Anfahrt auch rechts und links schaut…
Wenn wir weniger Bürokratie wollen, müssen wir auch neue Wege gehen und dazu gehören auch technische Weiterentwicklungen und Digitalisierung. Gegen gesunde Skepsis ist nichts einzuwenden, wir sollten aber keinen Verschwörungstheoretikern auf dem Leim gehen.
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