Letztes Wochenende wurde landauf, landab das Erntedankfest gefeiert. In vielen Kirchengemeinden wurden die entsprechenden Gottesdienste dafür auch auf landwirtschaftliche Betriebe verlegt und Landwirte durften ihre Sicht auf das letzte Jahr und die Entwicklung der Welt vortragen. Die Landfrauen haben sich mit Torte und Altarschmuck beteiligt, die Feuerwehr Erbsensuppe ausgeteilt und die Landjugend hat schon in den vergangenen Wochen fleißig Erntekronen gebunden und verteilt. Der Fokus liegt auf der regionalen, hochqualitativen Erzeugung und wir sagen „Danke“ für den vollen Kühlschrank und die vollen Regale, dass es uns an nichts mangelt.
Die sozialen Medien sind gefüllt mit den schönen Bildern orangener Kürbisse und roter Äpfel auf Strohballen vor Sonnenblumen. Wunderschön!
Erntedank somit erledigt, Haken dran. Was kommt als nächstes? Ist es schon Halloween, bei dem man praktischerweise die Kürbisse wiederverwenden kann oder habe ich einen Termin in der jährlichen Bilderabfolge vergessen?
Doch halt, stopp! Sarkasmus aus! Natürlich mag ich das Erntedankfest wirklich und ich genieße das Gefühl, wenn ich den mit landwirtschaftlichen Produkten geschmückten Altar sehe. Es erfüllt mich wirklich mit Wärme, so fühlt sich Dankbarkeit für mich an. Und ich will die Leistungen von keinem der Beteiligten kleinreden, bitte nicht falsch verstehen! Es ist schön, den Fokus auf die heimische Erzeugung zu legen und den Tag auch zur Aufklärung zu nutzen.
Es fühlt sich für mich nur komisch an, wenn Erntedank immer mehr in Richtung eines saisonalen Events geht und das Schicksal von so machen anderen christlichen Feiertagen teilt, bei dem der wirkliche Sinn hinter schönen Bildern und Konsum langsam verblasst. Und auch hier spreche ich mit gespaltener Zunge, gehöre ich doch zu den Teilen der Bevölkerung, die bereits jetzt die Adventskalender besorgt hat und bei der das Zuhause deko-technisch spätestens Mitte November jedem mittelgroßem Kaufhaus Konkurrenz macht.
Habe ich nur ein Problem mit einer drohenden Kommerzialisierung, weil es sich um mein Herzensthema Landwirtschaft handelt oder ist es der notwendige Lauf der Dinge, um es nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Brauchen wir diese Bilder, damit wir mit unseren wichtigen Informationen auch an Bevölkerungsschichten, die man nicht so oft in Kirchen antrifft, ansprechen. Wahrscheinlich schon. Und wahrscheinlich werden wir uns in ein paar Jahren auch an Fotos von kleinen Kindern auf riesige Kürbispyramiden wie sie in den USA üblich sind, gewöhnt haben.
Ich würde mir trotzdem wünschen, dass die Dankbarkeit für den gedeckten Tisch, für den vollen Kühlschrank und für die Landwirtinnen und Landwirte, die sich das ganze Jahr um unsere Versorgung bemühen, Teil unseres Alltags ist. Oder dass wir einfach mal zwischendurch „Danke“ sagen.
Danke, liebe Bäuerinnen und Bauern!
Bildquelle: https://pixabay.com/de/photos/getreide-erntedank-kirche-208381/