Der Mai ist die schönste Jahreszeit in Schleswig-Holstein. Die Rapsfelder vor blauem Himmel, die Natur, die nicht mehr zart erwacht, sondern mit voller Wucht alles gibt. Es summt und duftet und blökt und piept an allen Ecken und Enden. Der Zyklus des Lebens steht wieder ganz am Anfang.

Alles neu macht der Mai
macht die Seele frisch und frei
Laßt das Haus, kommt hinaus,
windet einen Strauß!
Rings erglänzet Sonnenschein
duftend pranget Flur und Hain
Vogelsang, Hörnerklang
tönt den Wald entlang

Das Kinderlied geht auf ein Gedicht von H. Adam von Kamp aus dem Jahr 1818 zurück. Damals war das Leben noch ein anderes, so war z.B. die überwiegende Mehrheit der Bauern noch leibeigen (Leser aus Dithmarschen und von Fehmarn können das ja mal googlen). Die Bauernbefreiung sollte noch einige Jahrzehnte auf sich warten lassen. Es ist verständlich, dass man zu damaligen Zeiten den Frühling herbeisehnte. Nach kalten und entbehrungsreichen Monaten, in denen man von den eingemachten Vorräten gelebt hat. Nun endlich auch wieder Frisches auf dem Teller zu haben und seine Zeit draußen zu verbringen und nicht mit der gesamten Familie, den Mitarbeitern, den Tieren und dem qualmenden Küchenfeuer in einem Raum.

Aber die Zeilen deuten auch etwas anderes an. 1818 lagen die napoleonischen Kriege erst wenige Jahre zurück. Ein vermeintlich „großer Mann“ hatte versucht den ganzen europäischen Kontinent unter seine Herrschaft zu bringen. Er ist dann daran gescheitert, dass sich die Gegner zusammentaten und ihm gemeinsam Einhalt geboten. Obwohl es mit der Einigkeit in Europa bis dato nicht weit her war. Aber die Dynamiken kennt man von jeder Gruppenreise… ein gemeinsames Feindbild ist super für den Gruppenzusammenhalt.

Damit ist dieses mehr als 200 Jahre alte Gedicht aktueller denn je. Und wir hoffen auch, dass wir trotz der vielen traurigen und erschreckenden Bilder, die uns erreichen und der beängstigenden Entwicklungen, positiv in die Zukunft schauen können. Wenn die Menschen vor 200 Jahren die Hoffnung nicht verloren haben, dürfen wir auch nicht dran zweifeln, dass die Zukunft gut wird.

Also genießt den Mai, freut euch über die Rapsblüte und bleibt optimistisch!